Die Gründe für die Umsiedlung

Die Umsiedlungsentscheidung wurde zwangsmäßig getroffen, um die Schäden der Armenier zu verhindern, die mit den Gedanken spielten, ein unabhängiges Armenien zu gründen und dabei ihrem eigenen Staat in den Rücken fielen, der sich im Krieg befand. Wie die Russen und die Ententestaaten die Armenier betrogen und aufhetzten sind mit Dokumenten bewiesen worden.1 Mit den Versprechungen, wonach sie die im Krieg eroberten Gebiete erhalten und ihre Unabhängigkeit erlangen würden, gründeten die Armenier mehrere Aufstandsverbände. Die Armenier setzten ihre terroristischen Tätigkeiten, die sie vor der Umsiedlung begonnen hatten, auch während der Umsiedlung fort. Sowohl an Grenzgebieten als auch in inneren Landesteilen kollaborierten die Armenier mit den Feinden und massakrierten die moslemische Bevölkerung.

Der osmanische Staat, der die Gräueltaten der Armenier in einem Buch dokumentieren wollte, schrieb an die Verwaltungen aller Städte, dass sie Dokumente und Fotos der armenischen Massaker zusenden sollten.. Aus diesen Dokumenten und Fotos wurde das Buch " Die Untergrundsbewegungen der Armenischen Komitees und ihre Aufstandsbewegungen / Vor und nach der Proklamation der konstitutionellen Periode" herausgegeben.

Die Gräueltaten der Armenier dauerten auch nach der Ersten Welt Krieg an. Das grausame Vorgehen einer 1200 Mann starker Einheit unter Leitung des Armeniers Hanov, die in Nachitschevan einmarschierte, und die Moslems massakrierte, ist ein auffallendes Beispiel dafür.  In seinen Telegrammen vom 3. und 7. März 1921 berichtete der amtierende Gouverneur der Provinz Mamuretülaziz, Mümtaz Bey, über den Gedanken der unter Schutz der Franzosen stehenden Armenier über ein unabhängiges Armenien im Gebiet zwischen Kilikien und Adana.

Nach diesen Entwicklungen versuchte der amtierende Oberkommandierende, Enver Pasa, eine Lösung zu finden und schicke Innenminister Talat Pasa am 2. Mai 1915 das folgende Schreiben:

"Um den Van See sowie an Orten, die der Präfektur von Van bekannt sind, stehen die Armenier jeder Zeit zur Fortsetzung der Aufstände bereit. Ich glaube, dassdie Armenier aufgelöst und aus ihren Aufstandsunterschlüpfen herausgeholt werden müssen. Nach Angaben des 3. Armeekorps haben die Russen am 20. April 1915 die Moslems innerhalb ihres Landes über unsere Grenzen einschleust, die sich im entsetzlichen Zustand befinden. Als Reaktion darauf sowie für die Erreichung des oben genannten Ziels müssen wir diese Armenier entweder gemeinsam mit ihren Familien nach Russland schicken, oder sie mit ihren Familien in verschieden Teile Anatoliens verlegen. Ich bitte sie, einer dieser Lösungen, die geeigneter ist, auszuwählen und durchzuführen. Falls sie keine Einwände dagegen haben, würde ich es bevorzugen, dass wir die Aufständischen mit ihren Familien außerhalb unserer Grenzen schicken und an deren Stelle die moslemische Bevölkerung, die aus dem Ausland kommt, aufnehmen".

Mit diesem Schreiben, das wir als erstes Zeichen der Umsiedlung betrachten können, forderte Enver Pascha die Verlegung der Armenier, damit sie keine Aufstände mehr einleiten konnten. Dem Schreiben nach sollte sich die Maßnahme nur an Orte richten, wo es zu Aufständen und zum Chaos kam. So geschah es auch.

Talat Pascha wollte in dieser äußerst wichtige Angelegenheit keine Zeit verlieren und begann mit der Umsiedlung, bevor noch das Parlament darüber entschieden hatte. Er hatte diese große Verantwortung allein auf sich genommen.  Talat Pasa konzentrierte sich vor allem um die Verlegung der Armenier in Van, Bitlis und Erzurum außerhalb des Kriegsgebietes und informierte am 9. Mai 1915 den Gouverneur von Erzurum, Tahsin Bey, den Gouverneur von Van, Cevdet Bey, und den Gouverneur von Bitlis, Mustafa Abdülhalik Bey, schriftlich über das Thema.

Darin erklärte Talat Pasa, dass eine Umsiedlung der in bestimmten Gebieten für Aufstände und für einen Putsch versammelten Armenier in den Süden beschlossen worden sei. Er bat die Gouverneure, in diesem Rahmen jegliche Hilfe zu leisten. Der Generalstab habe an das 3. und 4. Armeekorps betreffende Befehle übermittelt. Es sei vom Nutzen, dass diese Durchführung gemeinsam mit Van, auch den Süden Erzurums, wichtige Ortschaften von Bitlis und insbesondere Mus, Sasun und Talori umfasste. Talat Pasa bat die Gouverneure in diesem Thema sofort mit den Kommandanten der Korps zusammenzuarbeiten.

In einer chiffrierten Botschaft vom 23. Mai 1914 an das 4. Armeekorps listete Talat Pascha die zu räumenden Gebiete wie folgend auf:

1. Die Provinzen Erzurum, Van und Bitlis.

2. Der Sandschak Maras, ausgeschlossen des Stadtzentrums von Maras.

3. Iskenderun, Beylan (Belen), Cisr-i Sugur und Dörfer sowie Ortschaften der Kreise von Antakya, ausgeschlossen der Kreismitte der Provinz Aleppo.

4. Die Sandschaks Adana, Mersin, Kozan und Cebel-i Bereket, ausgeschlossen der Stadtzentren Adana, Sis (Kozan) und Mersin.

So wurde beschlossen, daß die Armenier in Erzurum, Van und Bitlis im südlichen Teil Mousuls, im Sandschak Urfa, ausgeschlossen des Sandschaks Zor und der Kreismitte; Die Armenier in Adana, Aleppo und Maras im Osten der syrischen Provinz, sowie im Osten und Südosten der Provinz Aleppo anzusiedeln. Zur Überwachung der Umsiedlung wurden der Verwaltungsinspektor Ali Seydi Bey ins Adana Gebiet und der Verwaltungsinspektor Hamid Bey nach Aleppo und Maras entsandt.

Die Armenier sollten in den Umsiedlungsgebieten entweder in den vorhandenen Dörfern und Ortschaften in den neu zu bauenden Häusern oder an den Orten, die ihnen zur Verfügung gestellt wurden, in Dörfern untergebracht werden. Die armenischen Dörfer mussten zu der Eisenbahn mindestens 25 km entfernt liegen.

Für die Gewährleistung der Sicherheit der Umsiedler und deren Güter, für ihre Unterbringung, Verpflegung und Ernährung waren die regionalen Verwaltungen auf der Route verantwortlich. Die Armenier durften jegliche Mobilien mitnehmen. Für die Regelungen über die Immobilien wurde die Ausarbeitung von Vorschriften beschlossen.

Der Generalstab forderte in einem Schreiben vom 26. Mai 1915 das Innenministerium auf, die folgenden Punkte zu beachten, damit die Armenier nicht erneut reaktionäre Tätigkeiten aufnehmen konnten:

1. Die armenische Bevölkerung darf nicht mehr als 10 Prozent der moslemischen Einwohnerzahl betragen.

2. Die neu zu gründenden armenischen Dörfer in den neuen Siedlungsgebieten dürfen höchstens aus 50 Häusern bestehen.

3. Die armenischen Umsiedlerfamilien dürfen nicht ihre Häuser wechseln.

Während das Innenministerium die Maßnahmen gegen die Armenier umsetzte, behaupteten Russland, Frankreich und England in einer gemeinsamen Deklaration am 24. Mai 1915, die Türken würden in Ost- und Südostanatolien, welche sie seit einem Monat als "Armenien" bezeichneten, die Armenier töten, wobei die osmanische Regierung für die Vorfälle verantwortlich gemacht werde.

Talat Pasa schickte am 26. Mai 1915 ein Schreiben an das Ministerpräsidium, nachdem das Thema eine solche internationale Dimension erhalten hatte.  Darin berichtete Talat Pasa über die armenischen Aufstände und Massaker, und betonte, "die Besatzungsmächte, die auf die osmanischen Territorien abzielten, würden die armenischstämmigen osmanischen Staatsbürger aufhetzen; Die aufständischen Armenier versuchten aus aller Kraft die türkische Armee zu verhindern; Sie verhinderten Nahrungsmittel-, Waffen- und Munitionslieferungen der türkischen Armee, kollaborierten mit dem Feind. Ein Teil von ihnen habe auf die Seite der Feinde umgewechselt, greife militärische Einheiten und unschuldige Zivilisten mit Waffen an, in Städten und Ortschaften würden Massaker angerichtet und Plünderungen vorgenommen. Sie würden der feindlichen Flotte Nahrungsmittelhilfe leisten und wichtige militärische Gebiete den Feinden zeigen."

Talat Pasa unterstrich ferner, dass für die Sicherheit des Staates radikale Maßnahmen notwendig sind und in diesem Rahmen die Umsiedlung der Armenier aus den Kriegsgebieten vereinbart worden ist. Das Ministerpräsidium brachte das Thema sofort auf die Tagesordnung des Parlaments. Dabei stellte sich das Ministerpräsidium hinter den Beschluss über die Umsiedlung, die für die Sicherheit des Staates beschlossen worden sei und sprach sich für eine betreffende gesetzliche Regelung dafür aus. 15 Noch am selben Tag verabschiedete das Parlament ein betreffendes Gesetz über die Umsiedlung.

In dem betreffenden Regierungsbeschluss des Parlaments wurden die Notwendigkeit von wirksamen Maßnahmen gegen solche schädliche Tätigkeiten, die den Kampf um die Gewährleistung der Existenz und Sicherheit des Staates gefährdeten, hervorgehoben und die Maßnahmen des Innenministeriums als richtig und angemessen bezeichnet. Außerdem wurde ein Kommuniqué über die Regelungen hinsichtlich der Immobilien der umzusiedelnden Armenier veröffentlicht und die Ausarbeitung eines Befehls beschlossen, wodurch die Armenier in die neuen Siedlungsgebieten entsprechende Arbeitsplätze sowie Hilfen aus dem Auswandererfond erhalten sollten.

Das Ministerpräsidium entsandte am 30. Mai 1915 an das Innen-, Kriegs- und Finanzministerium je ein Schreiben, worin es die Durchführung der Umsiedlung detailliert beschrieb und folgendes unterstrich:

a) "Die Personen, die die Umsiedlung umfasst, werden sicher in die neuen Umsiedlungsgebiete verlegt.

b) Die Verpflegungskosten werden, solange aus dem Auswandererfond gedeckt, bis die Siedler sie in ihre neuen Häuser eingezogen sind.

c) Parallel zu ihrer früheren wirtschaftlichen Lage werden sie Häuser und Felder erhalten.

d) Für Bedürftige wird die Regierung Häuser bauen; Für Bauern und allen Beschäftigten im Agrarwesen wird die Regierung Samen und die erforderlichen landwirtschaftlichen Geräte zur Verfügung stellen.

e) Die Mobilien werden ebenfalls in die jeweiligen neuen Gebiete transportiert und den Besitzern übergeben; die Immobilien werden registriert und nach der Feststellung des Wertes, unter den hier anzusiedelnden Moslems verteilt. Die Einkommensquellen der Siedler wie Oliven-, Maulbeer- und Orangengärten, Läden, Karawansereien, Fabriken und Depots werden versteigert oder vermietet. Der Erhalt wird an Ombudsmann-Güterkassen übergeben, welche die Einkommen an die Besitzer zahlen sollen;

f) All diese Themen werden von Sonderkommissionen verfolgt und es wird eine detaillierte Vorschrift vorbereitet.

QUELLE: Halaçoglu, Prof. Dr. Yusuf, Ermeni Tehcirine Dair Gerçekler (1915), TTK Veröffentlichung, Ankara, 2001.

FUSSNOTE 1) Sifre Kalemi., Nr. 45/115 ( informierte im Telegramm vom 23. September 1916 die Provinzen Van, Bitlis, Mamuretülaziz, Adana, Diyarbekir und Sivas über das Thema) 2) DH. EUM. 2. Abteilung , Dossier 1, Dokument 45/2 ( siehe Dokument 670 ) 3) Sifre Kalemi., Nr. 61/50; Nr. 62/24; Nr. 63/175 Nr. 64/92; Nr. 64/163; Nr. 64/194; Nr. 66/51; Nr. 46/56; Nr. 66/192; BA, BEO, Nr. 343464 ( siehe Dokument 784 ). 4) Sifre Kalemi., Nr. 62/57; Nr. 62/58; Nr. 63/241. 5) Istanbul 1332. Das gleiche Buch wurde in Französisch 1917 wieder in Istanbul herausgegeben. Erschien in schlichter Auffassung von Ismet Parmaksizoglu unter dem Titel "Ermeni Komitelerinin Ihtilal Hakeretleri ve Besledikleri Emeller" (Ankara 1981). 6) Das am 1. Februar 1920 vom Innenministerium an das Ministerpräsidium geschickte Schreiben ( BA, BEO, Nr. 341351). 7) Polizei, Dossier 2 F/3; Polizei, Dossier 2 F/5; (siehe Dokument 799 und 800) 8) ATBD, Dezember 1982, Nr. 81, Dokument 1830. 9) Bayur, gleiches Werk, III/3, 38. 10) Generalstab, Nr. 52/200; Nr. 52/281-282. 11) Generalstab Nr. 53/94. 12) Generalstab, Nr. 1/1, KLS 44, Dossier 207, F. 2-3, übertragen von, K. Gürün, Gleiches Buch, S. 213. 13) Bayur, gleiches Werk, III/3, S. 37. 14) BA, BEO, Nr. 326758. 15) Parlamentsbeschluß, Buch Nr. 198, Beschluß Nr. 163 ( siehe Dokument 123 ) Bayur, gleiches Werk, III/3, S. 37-38; Gürün, gleiches Werk, 213-214. 16) Bayur, gleiches Werk, III/3, S. 40-42. 17) BA, BEO, Nr. 326758.